Mission
Die künstliche Denkmaschine ist da. Sie verspricht – oder droht – einen Teil unserer Arbeit zu übernehmen.
Die KI hat Phantastillionen von Bildern, Wörtern und Fakten gesammelt/zusammengerafft/gestohlen. Aber sie ist nicht in der Lage, unsere Erfahrungen zu sammeln – die Dinge, die wir wissen, ohne sie jemals gesagt, gelesen oder geschrieben oder Bilder davon gezeichnet oder fotografiert zu haben. Unsere kognitiven Fähigkeiten sind in Tausenden von Jahren gewachsen. Nun laufen wir Gefahr, sie zu verlieren, weil wir nur noch über Glasscheiben wischen und eine sofortige Lösung aller unserer Probleme erwarten. Doch etwas fehlt: Zwar sehen wir die Welt mit den Augen, lesen Fakten und schicken Kurznachrichten über den Globus, aber wirklich „begreifen“ wir die Dinge immer noch mit unseren Händen. So lernen Babys: Sie fassen etwas an und finden heraus, ob es hart, weich, angenehm oder unbrauchbar ist.
Unsere Letterpress-Werkstatt bringt diese Erfahrung zurück: Dinge sind dort Dinge, keine Bilder von Dingen. Farbe riecht und klebt an den Fingern. Papier sieht anders aus und fühlt sich anders an, je nachdem, wie man es hält, faltet oder reißt. Maschinen brauchen Öl und Fett, wie wir die Luft zum atmen. Buchstaben sind auch Gegenstände – aus Metall, Holz, Plastik. Sie sind schön, aber sie bedeuten nichts, bis wir sie zu Wörtern, Sätzen, Spalten und Seiten fügen. Gib Farbe und Papier hinzu, dreh die Kurbel und schon hast du Inhalt – content! – hergestellt.
In unserer Werkstatt dauert alles etwas länger und es gibt keinen Befehl-Z. Wir brauchen keine Milliarden von Farben oder 150.000 Fonts. Stattdessen haben wir Schriften aus Blei und Holz, die 100 Jahre alt sind und die man anfassen kann. Neue Buchstaben stellen wir selbst her, mit dem Laser oder der CNC-Fräse. Wir schicken Daten vom Computer direkt auf unseren Heidelberger Zylinder von 1954 und drucken Bücher – das hätte Gutenberg vor 600 Jahren auch gerne so gemacht.
Es gibt richtige Museen, die Gutenbergs Erbe gewidmet sind, wenn auch mit Absperrungen vor den Maschinen und Geräten. Statt solche Denkmäler vergangener Technik zu zelebrieren, laden wir bei Hacking Gutenberg ausdrücklich zum Anfassen ein: Die Schriften warten auf unsere Hände, Andruck- und Tiegelpressen sind bereit zum Druck.
Die alten Maschinen sind unverwüstlich und werden uns überleben. Aber das Wissen über den Umgang mit ihnen verschwindet, wir müssen es bewahren. Erhalt durch Produktion ist das Motto: Solange wir mit ihnen arbeiten, bleiben sie erhalten. In einem Museum stehen sie nur rum.